mercoledì 21 marzo 2018

Hermann Paul: Deutsche Grammatik, B. I, T. 1: Geschichtliche Einleitung: Kap. 1. Stellung des Germanischen innerhalb des Indogermanischen. - § 4. Verhältnisse der idg. Sprachfamilien zueinander.

B. HS. IAHomepage. ↓ §4.
Kap 1.

Stellung des Germanischen innerhalb
des Indogermanischen
.

§§ 1: Sprachfamilien - 2: Idg Urprache und Urvolk - 3: Geschichte der idg. Sprachwissenschaft - 4: Verhältnisse der idg. Sprachfamilien zueinander - 5 - 6 - 7 - 8 - 9 - 10 - 11 - 12 - 13 - 14 - 15 - 16 - 17 - 18 - 19 - 20 - 21 - 22 - 23 - 24 - 25 - 26 - 27 - 28 - 29 - 30 - 31 - 32 - 33 - 34 - 35 - 36 - 37 - 38 - 39 - 40 - 41 - 42 - 43 - 44 - 45 - 46 - 47 - 48 - 49 - 50 - 51 - 52 - 53 - 54 - 55 - 56 - 57 - 58 - 59 - 60 - 61 - 62 - 63 - 64 - 65 - 66 - 67 - 68 - 69 - 70 - 71 - 72 - 73 - 74 - 75. | Fonti digitali: Internet Archive (IA). | §3 ↔︎ §5 |

- Testo online: I.A. -
 § 4. Verhältnisse der idg. Sprachfamilien zueinander. – |↓ B. T. ↑|  Die in § 1 aufgezählten Sprachfamilien verhalten sich nicht ganz gleich zueinander, sondern einige haben gewisse Eigentümlichkeiten miteinander gemein, die den andern fremd sind. Diese Verhältnisse suchte man sich dadurch zu erklären, daß man Zwischenstufen zwischen der idg. Grundsprache und den Grundsprachen der einzelnen Sprachfamilien annahm. Die Entwicklung suchte man unter dem Bilde eines Stammbaumes darzustellen. Ein solcher Stammbaum, für den besonders G. Curtius und A. Fick eingetreten sind, und der eine Zeitlang fast kanonisches Ansehen genoß, ist dieser (1):

(1): Das Armenische und das Albanesische waren dabei noch nicht al besondere Familien erkannt.
Schleichers Auffassung war im übrigen die gleiche, nur wollte er das Italische näher zum Keltischen stellen. Gegen diese ganze Anschauungsweise wendete sich Joh. Schmidt in der Schrift „Die Verwandtschaftsverhältnisse der idg. Sprachen” (1872). Er machte geltend, daß sich auch zwischen Familien, die nach diesem Stammbaume keine engeren Gemeinschaften bildeten, gewisse Übereinstimmungen fänden, z. B. zwischen dem Germ. und dem Kelt. oder zwischen dem Baltisch -Slav. und dem Arischen, daß daher das Bild eines Stammbaumes ungeeignet sei, die wirklichen Verhältnisse zu veranschaulichen. Es hätten sich vielmehr sprachliche Veränderungen durch wellenförmige Ausbreitung, die eine bis zu diesen, die andere bis zu jenen Grenzen erstreckt, also z. B. eine über das griechische und italische Gebiet, eine andere über das italische und keltische, eine dritte über das keltische und germanische usw. Richtig ist zweifellos, daß in einem zusammenhängenden Sprachgebiete, innerhalb dessen der Verkehr zwischen den Nachbarorten nirgends ganz gehemmt ist, die Grenzen für die einzelnen mundartliehen Verschiedenheiten keineswegs immer zusammenfallen, sondern oft verschieden verlaufen und sich mannigfach durchkreuzen, so daß ein engeres Gebiet einiges mit diesem, anderes mit jenem Nachbargebiet gemein hat. Daher hat sich schon Schuchardt in seiner 1870 gehaltenen, allerdings erst 1900 gedruckten Habilitationsvorlesung „Über die Klassifikation der romanischen Mundarten" gegen die Aufstellung von Stammtafeln für die mundartliehe Gliederung eines Sprachgebietes gewendet. Keine
Sprache kann sich über einen einigermaßen beträchtlichen Raum ausbreiten, ohne daß sie mundartlich differenziert wird. So müssen wir auch für die Indogermanen zu der Zeit, wo sie noch ein zusammenhängendes Volk bildeten, doch schon das Vorhandensein von mundartlichen Unterschieden annehmen. Schmidts Auffassung könnte also richtig sein unter der Voraussetzung, daß die späteren Sprachfamilien gewissermaßen im Keime schon als Mundarten der idg. Grundsprache bestanden hätten, und daß diejenigen Eigenheiten derselben, die mehrere miteinander gemein haben, bis in diese alte Zeit zurückreichen. Wieweit es sich aber wirklich so verhält, ist schwer mit Sicherheit festzustellen. Die Anschauungen über das Verhältnis der einzelneu Sprachfamilien zueinander sind natürlich auch bedingt durch die Anschauungen über die Beschaffenheit der idg. Grundsprache. So beruhte die Ausetzung einer europäischen Gruppe hauptsächlich auf der Ansicht, daß die darin begriffenen Sprachen gemeinsam die sogenannte Spaltung des a-Lautes (vgl. § 39) durchgemacht hätten. Nachdem aber erkannt ist, daß die Mannigfaltigkeit des europäischen Vokalismus schon der Grundsprache zuzuweisen ist, ist das scheinbare Argument für die engere Zusammengehörigkeit der europäischen Sprachen in nichts zerfallen. Ferner kann das Zusammentreffen mehrerer Sprachen in einer sprachlichen Neuerung auch zufällig sein. Denn es lassen sich nicht wenige Fälle eines solchen Zusammentreffens nachweisen, bei denen jeder historische Zusammenhang ausgeschlossen ist. Brugmann hat die Frage behandelt in Techmers Zeitschr. für Sprachwissenschaft, Bd. 1, S. 226 ff. (vgl. jetzt auch seinen Grundr.<sup>2</sup> § 18, 19),.Er erkennt von vornherein an, daß indisch und iranisch, ferner baltisch und slav. je eine zusammengehörige Gruppe bilden, wie er denn später in seinem Grundriß arisch und baltisch-slav. geradezu als je eine Sprachfamilie behandelt hat. Im übrigen aber ist er in bezug auf alle sonstigen angenommenen Beziehungen sehr skeptisch, doch vielleicht zu skeptisch. In neuerer Zeit hat man besonderes Gewicht auf die verschiedene Behandlung der idg. Velare und Palatale gelegt (vgl. § 16). Danach scheiden sich die indogermanischen Sprachen in eine östliche Gruppe (arisch, armenisch, albanesisch, baltisch-slav.) und eine westliche (it., griech., kelt, germ.). In der östlichen Gruppe sind die Palatale zu Zischlauten geworden. Man pflegt daher, indem man die Gruppen nach der Gestalt des Wortes für 100 charakterisiert, die westliche als die centum-Sprachen, die östliche als die satem-Sprachen zu bezeichnen. Der Unterschied ist allerdings bedeutsam, doch wird es darum noch nicht notwendig sein, die Spaltung des idg. Urvolkes mit einer Teilung in zwei dann völlig getrennten Hälften beginnen zu lassen. Es könnte auch dieser Gegensatz zwischen Osten und Westen schon aus der Zeit des kontinuierlichen Zusammenhanges aller Indogermanen stammen, und dann bliebe dabei noch die Möglichkeit, daß in anderer Beziehung Berührungen zwischen Mundarten (Vorstufen der späteren Sprachfamilien) stattgefunden hätten, von denen die eine der centum-, die andere der satem-Gruppe angehört hätte. Unter allen Umständen aber muß daran festgehalten werden, daß von einem bestimmten Zeitpunkte an jede einzelne Sprachfamilie, zunächst als die im wesentlichen einheitliche Sprache eines Volkes, ihre besonderen Wege gegangen ist, und daß es zwischen ihnen keine Übergangsstufeu gibt.
Was nun die besondere Stellung des Germanischen betrifft, so hat sich das meiste, was man früher für eine nähere Verwandtschaft mit dem Baltisch-Slav. vorgebracht hat, als hinfällig erwiesen, vgl. A. Leskien, „Die Declination im Slav.-Litauisehen und Germauischen” (1876). Am ehesten kann wohl noch Gewicht darauf gelegt werden, daß das Suffix des Instr. Pl. (des deutschen Dativs) in beiden Gruppen mit m beginnt gegenüber dem bh, das in den übrigen Sprachen zugrunde liegt. Weiter kommt die Übereinstimmung in der Bildung des Gen. Sg. der Pronomina in Betracht (auf -sso). Den Übereinstimmungen im Wortschatz kann man solche des Germ, mit dem Kelt. und mit dem Lat. gegenüberstellen. Der Wortschatz läßt sich aber am wenigsten mit Sicherheit für eine nähere Verwandtschaft in Anschlag bringen. Wo ein Wort nur in zwei oder drei Sprachfamilien nachzuweisen ist, braucht es darum nicht von Anfang an Sondereigentum derselben gewesen zu sein, sondern es kann auch idg. Erbgut sein, das den übrigen zufällig verloren gegangen ist. In manchen Fällen läßt sich auch an Entlehnung denken, die erst stattgefunden hat, nachdem schon deutliche Sprachentrennuug vollzogen war. Es fehlt für die ältesten Zeiten vielfach an Kriterien für die Unterscheidung von Entlehnung und Urverwandtschaft. Über zwei anscheinende lautliche Übereinstimmungen zwischen dem Germ, und dem Keltisch-It. vgl. § 13. 31.


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